Pompeji

Pompeji
Pom|pe|ji:
Stadt u. antike Ruinenstätte am Vesuv.

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Pompeji,
 
italienisch Pompei, bis 1928 Vạlle di Pompei, Stadt in Kampanien, Provinz Neapel, Italien, 13 m über dem Meeresspiegel, südöstlich des Vesuvs, 26 100 Einwohner; Bischofssitz, Wallfahrtsort; geophysikalisches Observatorium mit Vesuvmuseum; Marktort.
 
Die antike Stadt Pompeii, nacheinander von Oskern, Etruskern und Samniten bewohnt, wurde unter Sulla römische Kolonie, in deren Umgebung sich vornehme Römer großzügige Landsitze bauten. Durch ein Erdbeben am 5. 2. 62 (oder 63) n. Chr. schwer beschädigt und erst zum Teil wieder aufgebaut, wurde die Stadt, wie das benachbarte Herculaneum, durch den Vesuvausbruch vom 24. 8. (oder November?) 79 völlig verschüttet (Bericht von Plinius des Jüngeren). Sie hatte zu diesem Zeitpunkt etwa 12 000-15 000 Einwohner - 1594-1600 wurden erste Spuren der antiken Stadt, 1748 weitere Reste gefunden. 1860 begannen systematische Ausgrabungen. Gegenwärtig ist man bemüht, die antike Ausgrabungsstätte, deren Ruinenmauern infolge des Erdbebens von 1980 und der Zerstörungen durch den Tourismus zum Teil stark einsturzgefährdet sind, vor dem Verfall zu bewahren (Weltkulturerbe der UNESCO).
 
Die wenigen zum Teil gut erhaltenen Häuser, gepflasterten Straßen und Plätze sowie die offiziellen Bauten des alten Pompeji bieten ein anschauliches Bild einer antiken Stadt, deren Anlage in den verschiedenen Planungsphasen gut rekonstruierbar ist. Die oskische Siedlung von 9,3 ha auf einem Lavasporn mit steilem Südhang besaß nur im Norden und Osten Befestigungen. Gegen Ende des 5. Jahrhunderts v. Chr. versah man ein Stadtgebiet von rd. 65 ha mit einem Mauerring aus Tuffstein, der mehrfach erneuert wurde (Kalksteine) und kurz nach 100 v. Chr. v. a. im Norden Türme erhielt. Die Neustadt wurde durch die Via dell'Abbondanza erschlossen, die zur östlichen Porta Sarno führte. Die Bebauung der in Insulae eingeteilten Neustadt kam erst seit Mitte des 2. Jahrhunderts v. Chr. und unter den Römern voran. Ab Mitte des 2. Jahrhunderts erhielt auch das Forum im Südwesten im Altstadtkern zweigeschossige umlaufende Säulenhallen (Portikus), einen Podiumtempel für die Kapitolinische Trias (»Jupitertempel«), eine große Basilika (Handelsbörse) und in der Zeit der römischen Colonia weitere Tempel, Amtsgebäude und große Markthallen sowie die Forumsthermen (80 v. Chr. anstelle eines alten, ursprünglich vor den Toren des oskischen Pompeji gelegenen Marktes). Die im 4. Jahrhundert v. Chr. begonnenen Stabianer Thermen erneuerte man bereits im 2. Jahrhundert v. Chr. Der ältere Apollontempel wurde bei der Umgestaltung des Forums von diesem abgetrennt, die Umgebung des archaischen dorischen Tempels (6. Jahrhundert v. Chr.) auf einem südöstlichen Hügelsporn ebenfalls umgestaltet: Es entstanden das Forum Triangolare, Gymnasion und Theater, neben dem die Römer etwa 80-70 v. Chr. ein Odeon errichteten und dann das Theater ab etwa 70 völlig umbauten. Ebenfalls um 70 wurden das römische Amphitheater und die Palästra im äußersten Osten begonnen. Vornehme Stadthäuser (»Haus des Sallust«, um 200 v. Chr.) und vor den Toren Villen (»Villa des Cicero« mit Bodenmosaiken; »Villa des Diomedes«; »Mysterienvilla«, deren Wandmalereien, 80-30 v. Chr., Kopien hellenistischer Vorbilder des 4./3. Jahrhunderts v. Chr. sind und vielleicht Initiationsriten der Eleusinischen Mysterien darstellen) zeugen beziehungsweise zeugten vom Wohlstand der Oberschicht, ebenso Villen der weiteren Umgebung (Boscoreale, Torre Annunziata). Das sehr alte »Haus des Chirurgen« (4. Jahrhundert v. Chr.) wurde als Atriumhaus begonnen, dessen Atrium erst im 2. Jahrhundert v. Chr. ein Impluvium erhielt. Im 1. Jahrhundert v. Chr. wurden viele Häuser um einen Gartenhof (Peristyl) erweitert und/oder das Atrium zu einem Pseudoperistyl mit Säulenstellungen umgebaut. Wegen der Wandmalereien und übrigen Ausstattung besonders bekannt sind das »Haus des Fauns« (benannt nach einer Bronzeplastik) aus dem 3. und 2. Jahrhundert v. Chr., Fundort des Alexandermosaiks, und aus der Spätzeit das im 1. Jahrhundert wieder aufgebaute Haus der Vettier (heute restauriert, wieder überdacht, das Peristyl bepflanzt) wie auch das Haus des Pansa (bis ins 2. Jahrhundert v. Chr. zurückreichend). Besonders aufwendig auch das Haus der Dioskuren (um 100 v. Chr.), das der vergoldeten Amoretten (vor 50 n. Chr.), der silbernen Hochzeit (2. Jahrhundert v. Chr., mehrfach erweitert), des Epidus Rufus (größtes Atrium mit korinthischen Säulen), des tragischen Dichters (berühmt durch den Roman »Die letzten Tage von Pompeji« von E. Bulwer-Lytton), das des M. Fabius Rufus (Bauphasen vom 3. Jahrhundert v. Chr. bis Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr.) oder des Menander (Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. und 1. Jahrhundert v. Chr.; mit Silberschatz). Bei der seit dem 2. Jahrhundert v. Chr. blühenden pompejanischen Wandmalerei werden vier Stile unterschieden (römische Kunst). Wandinschriften geben Auskunft über Begebenheiten des täglichen Lebens: Geschäftsanzeigen, Wahlagitationen, Liebesgeständnisse, pornographische Darstellungen u. a. Auch die vielen kleinen Straßen mit Läden, Handwerksstätten, Herbergen u. a. tragen zum Bild der rührigen Handwerker- und Kaufmannsstadt bei.
 
 
P. Leben u. Kunst in den Vesuvstädten, Ausst.-Kat. (1973);
 
Pompei e gli architetti francesi dell'Ottocento, Ausst.-Kat. (Rom 1981);
 
Häuser in P., hg. v. V. M. Strocka, auf mehrere Bde. ber. (1984 ff.);
 M. Grant: P., Herculaneum. Untergang u. Auferstehung der Städte am Vesuv (Neuausg. 1988);
 
Pompei. Pitture e mosaici, hg. vom Istituto della Enciclopedia Italiana, auf 10 Bde. ber. (Rom 1990 ff.);
 
Pompejan. Wandmalerei, hg. v. G. Cerulli Irelli u. a. (1990);
 
P. Archäolog. Führer. Beitrr. v. E. La Rocca u. a., hg. v. F. Coarelli (1990);
 R. Étienne: P. Das Leben in einer antiken Stadt (a. d. Frz., 41991);
 P. Zanker: P. Stadtbild u. Wohngeschmack (1995);
 B. Gesemann: Die Straßen der antiken Stadt P. (1996).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Pompeji, Rom, Ostia: Die Wohnkultur in Italien
 

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Pom|pe|ji: Stadt u. antike Ruinenstätte am Vesuv.

Universal-Lexikon. 2012.

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